Ägypten 05 - Reisebericht von Paul Uhl
Da es im Januar in Germanien wieder so windig und nasskalt
war, und weil das Leiden und der Tod von Gerlindes Vater uns recht mitgenommen
hatten, entschlossen wir uns kurzfristig, in die Sonne zu fliegen...
Eine
Anfrage bei L-tur zeigte mir ein last-minute-Angebot: Im Iberotel Arabella
in Hurghada
warteten sie darauf, dass eines der Zimmer noch gebucht würde... Günstig
war´s auch, und so buchten wir für die Woche vom 22.-29.01.05.
Als die Buchungsbestätigung auf dem Fax lag, fielen mir folgende Verse
ein:
Reisefieber:
Im kalten Winter in die Sonne?
Am Rotem Meer - da ist es warm!
Am
Strand liegen
in aller Wonne...
Vergiss die Kälte und den Harm!
Hurghada im Ägypterland...
Das
buchen wir einfach ganz keck...
Iberotel? Das ist bekannt...
Pack schnell die
Koffer - nix wie weg!
Ägypten - so las ich in der Literatur nach, hat
z.Zt. 73 Millionen Einwohner. Deutschland - zum Vergleich - ist nur 1/3 so
groß und
hat 83 Mio.! Das Land ist riesig, bewohnt aber sind eigentlich nur die Gebiete
um den Nil herum. Man nennt das eine Stromoase. Diese ist 1.550 km lang und
etwa 1 - 20 km breit. Dazu kommen noch einige andere, kleinere Oasen. Das
Kultur- und Siedlungsland nimmt nur 3,5 % der gesamten Landesfläche
ein! Das Nilland liegt in Afrika, die zu Ägypten gehörige Halbinsel
Sinai ist bereits Vorderasien...
Hauptquelle der Gesetzgebung ist die Scharia,
also das Islamische
Recht - letztendlich also der Koran... 52 % der Menschen über 14 Jahren
sind Analphabeten.Die Kultur ist uralt, nämlich bis zu 40.000 Jahre
vor Christus!
Ich schaute noch in den Atlas, wo Hurghada liegt: Aha: etwa 270 km nordöstlich von Luxor, direkt am Roten Meer!
Rotes Meer? - Hans Hass
und seine Manta-Filme fielen mir ein, aber tauchen können und wollten
wir nicht, aber Sonnenbaden, Strandwandern und vielleicht noch etwas im Hinterland
besichtigen...
Die Wetterprognose sah auch nicht schlecht aus, also: nix wie
hin!
Reisebericht:
Zuerst muss ich noch 5 cm Schnee am Gehsteig vor unserem
Haus
räumen... Weil der Flieger in MUC kurz nach Acht abhebt, sind wir gegen
6.45 beim Irl-Service in Eitting, wo wir bei Reisen häufig unseren Wagen
abstellen. Sie bringen uns zum Flughafen, direkt vor den Schalter, und wir
checken ein...
Der Flug ist relativ kurz, wir schaffen die 3000 km in 3 Stunden
und 20 Minuten, weil ein starker Rückenwind tobt: Unser Flieger hat
gelegentlich 1005 km/h drauf! Unterwegs ist die Einreisekarte auszufüllen,
ein Visum wird damit beantragt und das kostet extra 25 € …
Flug über die Wüste (Rotes Meer-Gebirge) |
Wir
landen zuerst in Luxor. Alles ist voller Militär, die Stewardess sagt,
man soll nicht hinaus knipsen und um Gottes willen keinen Polizisten oder
Soldaten abbilden.
Das reizt, jetzt tue ich es grade!
Der Flughafen wir auch als Militärbasis
genutzt - deshalb...
Der Flieger hebt wieder ab, und unter uns ist nur Berg-und Felswüste und eine Straße zu sehen.
Nach 30 Minuten sind wir in
Hurghada, einem Ort, der vor 50 Jahren noch nicht existierte, auch hier war
Wüste, bis jemand auf die Idee kam, in der Nähe der Korallenriffe
am Roten Meer Hotels zu bauen...
Das Hotel Arabella ist eine romantische und schöne Anlage, alles im maurischen Kuppelstil gebaut, kleine Wohneinheiten mit Pools und Pausenhöfen. Das Personal ungeheuer freundlich (klar, alle wollen für jeden Handgriff, fast schon für jedes Lächeln ein Bakschisch), das Essen prima, die Unterkünfte sind sauber.
Hotel Arsbella in Hurghada
Nach einer
Ruhestunde bummeln wir durch die Anlage, in der Dämmerung wirkt alles
noch romantischer! Das gibt natürlich ein paar schöne Nachtbilder...
Die Nacht ist ruhig, wir schlafen bis halb zehn, Frühstück gibt´s
ja bis halb elf... Schlendrian...
Dann marschieren wir zu Fuß in die Stadt: Breite Straßen, aber viel Sand, orientalische Schlamperei und Dreck, Abfall usw...
Ein paar
Geschäfte geben recht brauchbare Fotomotive her, und auch hier steht überall
Polizei, zumeist mit Kalaschnikows bewaffnet... Unheimlich sieht das aus,
aber wenn ich den Polizisten in die Augen sehe, merke ich: Milchgesichter,
alles
nette, brave Buben... Und für eine attraktive Frau haben sie natürlich
ein verschmitztes Lächeln...
Es ist Mittag, von allen Minaretten rufen
die Muezzin (per Lautsprecher) zum Gebet. Aber nicht, dass etwa plötzlich
der Verkehr still stünde oder sich Leute auf den Boden werfen, zum Gebet...
Alles geht weiter seinen Gang. - Halt, doch: da ist einer, der nimmt sein
Handy ans Ohr... Verrichtet er vielleicht sein Gespräch mit Allah auf
diesen Weg?...
Wir kaufen Erdbeeren und Gewürze. Dann, als uns die Füße schmerzen, marschieren wir zurück ins Hotel - ständig aufgefordert, in eines der vielen Taxis zu steigen. In einer Apotheke am Weg kaufe ich eine Schmerzsalbe für meine Schulter, alles ist billig hier und ohne Rezept zu bekommen. Der Kunde vor mir hat sich gerade ausführlich Wirkung und Medikation von Viagra erklären lassen. Für diese Wunderpille wird offiziell Reklame gemacht.
Das Geld in Ägypten sind die EL, also Egypt Pounds und 1 Pfund sind etwa 14 Euro-Cent. Dieser Betrag ist üblicherweise das Entgelt für Toilettenbenutzung. Die 1-Pfund-Scheine sehen auch dem entsprechend aus und: Sie stinken! Was den Spruch widerlegt pecuniam non olet, was bedeutet, dass Geld nicht stinkt... der kleinste Schein ist der 50 Piaster-Schein.
Wir liegen wieder in der Hotelanlage in der Sonne am Meer, leisten uns gegen drei Uhr Kaffee und Kuchen, faulenzen und genießen, dass es so herrlich warm ist. Das Abendessen wird täglich anders gestaltet, heute ist z.B. italienischer Abend.
Für Montag haben wir uns mehr vorgenommen - klar:
Paul und Gerlinde auf Reisen und nur Strandleben? - Unmöglich! So fahren
wir mit einem Bus nach Luxor, deutschsprachige Reiseleitung ist an Bord.
Um den Touristen Sicherheit
zu bieten, werden solche Fahrten von einem Sammelpunkt aus vorgenommen: In
Safaga treffen sich 150 Reisebusse und bilden eine Kolonne, jeweils nach
10 Bussen fährt ein Polizeifahrzeug. Der Konvoi ist über sieben
Kilometer lang und hat überall Vorfahrt!
Es geht über das Rote-Meer-Gebirge
und an der Passhöhe ist Rast: Gelegenheit, auf eine „50-Zylinder-Toilette“ zu
gehen, sich etwas zu kaufen und zu fotografieren: Kameltreiber stehen als
Modell und für Fotos mit Touristen herum. Natürlich kostet es etwas,
klar...Ein Ort zieht draußen vorbei; Quina, ich mache ein paar Fotos
durch die Scheiben, wissend, dass es wohl nichts gescheites wird...
Der Reiseleiter
erzählt über Ägypten,
Land und Leute: 85 % sind Muslime, der Rest Christen und Juden, es würde
aber friedlich zusammen gelebt... Er sagt, die Ägypter setzen sich aus
vier Bevölkerungsgruppen (Stämmen) zusammen:
Da sind erst mal die
Nubier, die zumeist in den Wüstenoasen leben. Sie sind Engel, solange
sie dort in der Sippe leben: ehrlich, liebevoll und brav... Außerhalb
angeblich aggressiv, betrügerisch, kämpferisch.
Eine andere Gruppe
sind die Beduinen: sie sind Nomaden, kennen keine Schule und Streitigkeiten
werden vor dem Scheich geschlichtet. Zum Heiraten muss der Kandidat oder
sein Vater bezahlen: Für eine schöne Braut 20 Kamele, für
eine weniger hübsche zehn und eine hässliche ist für nur 3
Kamele zu haben.
Die Oberägypter (am oberen Nil lebend) leben auch recht
traditionell: Frauen dürfen nicht arbeiten, nicht studieren und nicht
allein auf die Strasse. Hier gibt es noch die Blutrache!Na, ja - und dann
sind da noch die Unterägypter,
die das Touristengeschäft beherrschen, und die jeder Besucher kennt:
geschäftstüchtig
und etwas wohlhabender...
Endlich: Luxor! Ein spezieller Führer wird
an Bord geholt, er übernimmt das Kommando. Er führt uns zuerst
zu den Memnon-Kolossen. Hier treffen wir auf den griechischen Mythos:Memnon
war der
König von Äthiopien, ein Sohn der Eos, er kam mit seinem Heer den
Trojanern zu Hilfe und wurde von Achill getötet. Als Bilder des Memnon
galten den Griechen im ptolemäischen Ägypten diese Memnonkolosse
in Theben, (dem heutigen Luxor), das sind zwei 18m hohe Sitzfiguren des Pharaos
Amenophis III. (um 1400 v. Chr.).
Der Führer weiß aber eine andere
Version:
Eine dieser gigantischen Sitzfiguren hat durch ein Erdbeben einen
Riss bekommen, durch den der Wind streicht und dadurch heult und jammert
die Statue.
Die Ägypter sagen, er weint wie Memnon, der seine Mutter verlor...
Gleich dahinter liegt das Tal der Könige und dort sehen wir mehrere Pharaonengräber, natürlich ohne Sarkophage und goldene Grabbeigaben, aber Reliefs und Malerei ist zu sehen. Es herrscht ein schlimmes Gedränge und wir sehen zu, dass wir jeweils schnell wieder heraus kommen... Am schlimmsten geht es bei Ramses VI. zu es ist stickig und schwül. Hier drin aber ist noch der tonnenschwere Sarg zu sehen, der von Grabräubern raffiniert geöffnet wurde: durch Feuer stark erhitzt und dann mit Wasser abgekühlt, so dass der Deckel zersprang... Der Deckel aber ist eine Kopie; alles (was nicht geklaut und an Europäer verscherbelt wurde) liegt im Ägyptischen Museum in Kairo...
Die Besichtigung ist absolviert, unsere Gruppe geht zurück zu
den Bussen, ich aber muss dringend Pipi. Wir verpassen beinahe den Anschluss...
Sie
führen
uns noch in eine Alabaster-Fabrik, und wir kaufen zwei Skarabäen als
Mitbringsel.
Als nächstes sehen wir den Habu-Tempel. Er ist gigantisch,
mit ungeheuer dicken und hohen Säulen und gut erhalten. Das kostet mich
fast zwei Dia-Filme! Eine Bootsfahrt bringt uns auf die rechte Nilseite,
dort ist Mittagessen im
Mercure-Hotel, sehr gut!
Ich lasse meine weiße Mütze liegen, die
Suche kostet Zeit, ein Bakschisch wird natürlich fällig.
Bei schon
recht tiefem Sonnenstand betreten wir den Luxor-Tempel. Hier steht nur noch
ein Obelisk, der andere wurde nicht etwa geklaut, sondern den Franzosen geschenkt
und er ziert den Place da la Concorde in Paris...
Der Führer weiß alles
und erzählt davon viel, ich verdrücke mich, um die restliche Sonne
zum Knipsen zu nutzen.
Luxor-Tempel
Sie bringen uns noch in eine Papyrus- Fabrik, um dort
auch etwas Umsatz zu machen, wir kaufen aber nichts (wohin damit zuhause?)...
Wieder
fünf Stunden Busfahrt, um 22.30 sind wir im Hotel und fallen in die
Betten: Aber es war interessant und toll!
Dienstags bummeln wir nach dem Frühstück
am Wasser herum sehen Krabben und Fische mit tollen Farben. Auf einem Absatz
an einer Betonmauer liegen drei 8 cm hohe; dreckige Hügel - was ist
das wohl? Als ich näher komme, springen die Dreckhaufen nacheinander über
die Kante ins Wasser. Es sind große Muscheln, herrlich anzusehen, wie
sie im seichten Wasser „auf dem Rücken“ liegen. Die größte
hat 20 cm Durchmesser!
Wir liegen unter Schattenspendern, cremen uns gut
ein - trotzdem brennt mir der Rücken anderntags... Nachmittags nehmen
wir Kaffe und Kuchen, abends kaufen wir fünf T-Shirts!
Mittwoch sieht genau so herrlich faul aus wie der Dienstag, zusätzlich leisten wir uns eine Massage, die Strandbar liefert Rum mit Cola und Orangensaft, gegen drei Uhr nehmen wir wieder Kaffee und statt Kuchen diesmal eine Pizza. Als Strandlektüre habe ich „der Medicus“ von Noah Gordon dabei, das ist Weltliteratur, ein echter Klassiker und sehr spannend! Und so merke ich nicht, dass ich am Rücken von der Sonne... Gerlinde liest einen spannenden Krimi von Roberto Bardö©z: Woga und der V-Mann. Ich kenne es schon, sehr gute Milieubeschreibung!
Donnerstag ist wieder Strandtag. Wir fahren aber
heute mit einem Glasboden-Boot zum Riff
hinaus. Zu sehen ist viel, aber die dicken Scheiben mindern den Farbgenuss
und die Fotos werden garnix...
Auf der Rückfahrt schlingert das Boot,
Gerlinde meint, sie müsse gleich... Ich argumentiere aber, dass nicht
nur das Berühren
der Korallen, sondern auch das Fische füttern verboten ist...
Und ich
entschließe mich, eine Schnorchelmaske zu mieten.
Es ist wie das Eintauchen
in eine unbekannte Welt!
Die Fische akzeptieren mich als großen Bruder
und haben keinerlei Scheu!
Auf dem Riffdach sehe ich mir einen großen
Fisch an, der längs gestreift ist, seitlich vorne und hinten je einen
2 cm großen, lila Punkt und knallgelbe Brustflossen hat, währen
die Schwanzflosse blau ist. Er ist ca. 30 cm lang, hat offensichtlich hier
sein Futterrevier (er grast Algen vom Riff) und verscheucht andere, größere
Fische.
Etwas weiter draußen begegnet mir einer, der 40 cm lang ist, ungeheuer viele Farben aufweist, aber vorherrschend grün zeigt. Auch er ist zum Greifen nah` und lässt mich zufrieden, weil ich es auch tue...
Drüben,
wo das Riff in die Tiefe zieht, steht ein Schwarm Zebrafische, zwischen den
lila und gelben Korallen zupfen blaue und gelbe Fische herum.
Das Riff wird
hier steil, fast senkrecht geht es in die Tiefe und wehmütig erkenne
ich, dass meine Ausrüstung mich zwingt, an der Oberfläche zu bleiben...
So schwimme ich am Riffdach entlang atme heftig durch den Mund und bin eigentlich atemlos vor der Schönheit des Roten Meeres. Ich nehme mir vor, gelegentlich wieder her zu kommen und das Tauchen zu versuchen...
Gerlinde probiert es auch, betrachtet „meinen ersten“ Fisch, kommt aber mit dem Mundstück nicht so gut zurecht.
Der Freitag ist für den Ausflug nach Kairo vorgesehen: Wir müssen um 0.30 an der Rezeption sein. Der Bus fährt wieder in der Kolonne, diesmal sind es nur 20 Fahrzeuge, die sich bei Ilgona einfinden. Dann fährt der Konvoi über Zafrana das Rote Meer hinauf nach Norden. Die Autobahn ist je zweispurig mit Standstreifen, aber ohne Leitplanken oder Bewachsung zwischen den Fahrspuren. Zumeist liegt die Spur nach Norden 60 - 100 m abseits der südwärts führenden Spur. Östlich der Autobahn verlaufen offensichtlich Pipelines, bis zu 6 Röhren. Gefahren wird hauptsächlich auf der linken Spur, die rechte ist dem LKWs vorbehalten, aber überholt wird auch rechts... Wie in Germanien halt auch...
Wir erreichen Suez, der Konvoi biegt dort in großem Bogen nach links ab, auf die A 33 nach Cairo (so heißt es auf ägyptisch). Suez ist eine Industriestadt und erzeugt als solche eine Unmenge Qualm und Rauch, es riecht stickig und die Sicht beträgt höchstens einen Kilometer.
Der Reiseleiter erzählt, dass der erste Suez-Kanal von zwanzigtausend Arbeitern in Handarbeit (es gab noch keine Maschinen oder LKW) gegraben wurde - eine ungeheuere, unglaubliche Leistung, womit aber bewiesen sei, dass auch die Pyramiden von Ägyptern gebaut wurden, nicht etwa von Außerirdischen, wie man gelegentlich höre.
Er berichtet auch, dass Cairo viele Universitäten hat, sogar eine Deutsche. Die teuerste an Gebühren sei die US- Uni, wo Studenten jährlich 20.000.- $ zahlen müssen...
Dann erreichen wir die Hauptstadt. Sie ist
riesig, hat 20 Millionen Einwohner und die Unterschiede zwischen arm und
reich seien ungeheuer,
informiert uns der Reiseleiter: Viele, viele haben keine Arbeit und leben
von Verwandten oder vom Betteln. Es gibt kein Arbeitslosengeld, kein Kindergeld,
keine Sozialhilfe.
Die besser Verdienenden leben in Hochhäusern oder
in Wohnblocks mit aircondition, die Wohnungen seien aber sehr teuer und kaum
zu
bezahlen.
Arm dran seien die Staatsbeamten, sie bekommen nur 350 EL, das sind
etwa 50 € monatlich - das ist weniger, als diese Wohnungen kosten. Jeder
hat mehrere Jobs, um dazu zu verdienen.Kein Wunder, dass Jedermann für
jeden Handgriff ein Trinkgeld erwartet oder korrupt ist!...
Auf dem höchsten Hügel der Stadt liegt die Zitadelle, eine Festung, so riesig, wie wir noch keine gesehen haben: Drinnen steht die berühmte Mohammed Ali-Moschee, auch Alabaster-Moschee genannt. Sie sieht genau so aus wie die Hagia Sofia in Istanbul. Ein Muss bei einem Kairo-Besuch!
Die Mohammed-Ali Moschee in der Zitadelle Kairo |
Der Parkplatz für PKW
und Busse ist aber ständig überfüllt. Bei der Zufahrt wird
jedes Fahrzeug von Hunden beschnüffelt, und mit Spiegeln wird unter
die KFZ geschaut...
Überall wimmelt es von Polizei und/oder Militär.
Es ist kaum möglich, ein Bild der Festung oder der Moschee zu machen,
ohne Uniformierte mit auf dem Bild zu haben. Ich suche zehn Minuten nach
einer Stelle, an der
ich ein paar Bilder knipsen kann, auf denen wenig Personen oder etwa keine
Busse zu sehen sind...
Für drinnen ist keine Zeit. Ich empfinde das,
wie wenn eine reife, gut aussehende Frau vorüber geht und mir einen
heißen
Blick zuwirft, ich aber gefesselt liege und nicht kann...
Die Stadt ist noch dunstiger als Suez, aber hier ist es blauer, beißender Holzqualm, der von hunderttausend Haushalten erzeugt wird, die gerade das Mittagessen kochen. Die Sichtweite beträgt vielleicht 600 m, ich fange an, zu husten...
Als unser Bus weiter ins Zentrum fährt, sehen wir links und rechts riesige Friedhöfe, ich schätze sie auf 40 Hektar. Diese Nekropolen sind aber bewohnt! In den Gruften und Höhlen wohnen Tausende...
Die Skyline
der Stadt zeigt ungeheuer viel Minarette, es sind an die tausend Moscheen,
aber sie reichen
nicht aus, um alle Gläubigen zum Freitagsgebet aufzunehmen... Zur Zeit
des Freitagsgebets (das in einer Moschee stattfinden muss) knien also noch
Hunderte vor den Moscheen, auch auf Verkehrsinseln, und sogar auf der Strasse!
Heute
ist Feiertag, so dass die Strassen wenig Verkehr zeigen - sagt der Reiseleiter.
Dabei ist es ein Chaos! Und er weiß auch, warum er den Bus zu den Pyramiden
nicht durch die Innenstadt leitet, sondern über die neu erbaute Ringstrasse...
Wir sehen im Vorbeifahren einen Abwasserkanal, der zur Hälfte mit Müll gefüllt ist. Es fließt kaum noch Wasser darin, höchstens eine chemische Brühe. Das kommt, weil die Leute so wenig verdienen und sich die 4 € Müllgebühr monatlich sparen wollen, sagt der Führer.
Dann
sind wir im Ortsteil Giza, auch Gizeh oder Giseh genannt. Gleich hinter den
Häusern dieses Stadtteils ragen drei Pyramiden auf: Die große
ist die Cheops, die nächste heißt Chephren und die kleine ist
die des Pharaos Mykerinos. Daneben gibt es Reste kleinerer Pyramiden, das
sind die
der Frauen der Pharaonen. Auf ihnen klettert die Jugend wild herum...
Ich
sehe mich um: Dort drüben wächst ein Teil des Ortes Giza langsam,
aber unaufhaltsam an die Pyramiden heran, die ehemals 13 km außerhalb
von Cairo standen. Geht diese Entwicklung so weiter, stehen die Weltwunder
in zehn
Jahren mitten in der Stadt!
Wir haben 50 Minuten Zeit, alles anzusehen. In
eine, die Chephren, kann man hinein, aber der Gang ist nur 1 m hoch, es ist
dunkel,
schmucklos, überfüllt und deshalb schwül und stickig. Da wir
schon schöne Pharaonengräber gesehen haben, verzichten wir darauf.
Neben der Cheops steht ein modernes Bauwerk, es beinhaltet eine Sonnenbarke
mit 35 m Länge. Diese würde uns interessieren, aber es stehen Hunderte
an, da kämen wir sonst zu nichts mehr... Von außen ist sie ja
auch zu sehen, durch Glasfenster.
So gehen wir um Cheops und Cephren herum,
staunen über
die enorme Größe, die riesigen Quader, die optische Täuschung
mit den Neigungswinkeln:
Zumeist kommt es einem so vor, als seien die Kanten
ungleich steil, ich meine sogar, es sei wie bei einem Zeichendreieck; ein
60- und ein 45-Grad-Winkel? -Aber nein, die Kanten haben alle 52 Grad, sagt
der
vom Reiseleiter hinzugezogene Führer.
Zu Füßen der Pyramiden wimmelt es vor Menschen und Bussen. Aber alles wirkt unendlich winzig gegen die Riesen. Uns wird klar, dass wir vor dem letzten verbliebenen Weltwunder der Antike stehen...
Am Horizont entdecken wir weitere Pyramiden, die von Sakkarra und Daschur, da ist die Knickpyramide dabei. Ich nehme 420 mm Brennweite auf meine Spiegelreflexkamera und hoffe auf ein brauchbares Foto.
Kinder bieten Postkarten an, eine Frau zeigt mir ihr Baby und bettelt, Kameltreiber wollen mich reiten lassen, Kutschfahrer bieten eine Rundfahrt an. Dazwischen reiten Polizisten auf Pferden und Kamelen kreuz und quer... Es ist ein heillos wirres Treiben.
Sphinx und Cheops- Pyramide |
Ich fülle einen oder zwei Filme, dann ist unsere Zeit um, der Bus fährt hinunter zum Parkplatz bei der Sphinx, wir zeigen unsere Eintrittskarten vor, werden mit der Menge durch ein Gatter gedrückt. Wir setzen uns etwas ab, gehen außen um die Sphinx und die Gräberfelder herum. Dort ist ein Gitter, und von hier bekomme ich ein paar tolle Bilder...
Die
Sphinx (Mehrzahl übrigens
Sphingen!) ist gelegentlich auch männlich (der Sphinx) und bedeutet
Vater des Schweigens.
Der feine Sand liegt und fliegt überall, meine
ehemals braunen Schuhe heben sich vom Boden optisch nicht mehr ab...
Wieder
im Bus,
erzählt der Führer Einzelheiten und bringt viele Daten, die sich
niemand merken kann. Ich habe mir nur die 146 m gemerkt, die Höhe der
Cheops...
Jetzt bringen sie uns noch zu einem Parkplatz oberhalb der Pyramiden,
von wo aus man alle drei hintereinander im Blick hat. Das gibt tolle Fotos!
Zwei
Soldaten mit Maschinenpistolen sprechen uns an. Sie würden ein Foto
von uns beiden machen... Ja, bitte! Ich gebe 20 Pfund als Bakschisch, sie
bitten
noch um einen Kugelschreiber, da, gerne, aber jetzt ist Schluss! Der ältere
scheint es auf Gerlinde abgesehen zu haben. Ich warte nur noch, wie viele
Kamele er mir für sie anbietet...
Meine Frau und ich vor den Pyramiden
Auf einem schwimmenden Hotel im Nil
essen wir zu Mittag, danach bringen sie uns zum Ägyptischen Museum.
Wollte man jedes Ausstellungsstück betrachten, würde man 6 Jahre
brauchen, sagt der Führer. Nein, unsere Zeit ist etwas knapper und so
drischt er uns wortwörtlich
von einem Objekt seiner Wahl zum anderen, nur für die Grabbeigaben von
Tutenchamun lässt er uns etwas Zeit...
Nach einer Stunde bin ich geschafft.
Jetzt noch in den Bazar? Das schaffen wir nicht! Der Bazar von Kairo besteht
im Wesentlichen aus vier Straßen, ist meist toll überfüllt.
Er hat soviel Farben und Gerüche wie keiner.
Wir setzen uns lieber zu
George, unserem Führer, den seine Kollegen tatsächlich "Schorsch"
nennen, in ein Straßencafe vor dem Bazar und beobachten
das Treiben. Auf dem Platz gibt es zwei Moscheen, die ältere, gut 1000
Jahre alt, aber Spitze erhalten: El Azhar - leider im Gegenlicht - und eine
etwas jüngere...
Wieder im Bus, sehen wir von einer Straßenbrücke den anderen Markt, auf dem Lebensmittel gehandelt werden: Ein Chaos, völlig unübersichtlich, und die Menschen stehen dicht an dicht in Trauben und Masse. Ich stelle mir, vor mitten drin zu sein und denke an den Dom in Prag, aus dem ich wegen Überfüllung in Panik flüchten musste...
Cairo ist alles zugleich: Moloch und Hure, Herrlichkeit und Schönheit, Altertum und Gegenwart und hat so viele Facetten wie vielleicht keine andere Stadt... Sie nur wenige Stunden zu besuchen, ist wie ein coitus inerruptus, aber halt besser als nichts....
Nun geht es nach
Hause, wir fahren diesmal nicht Konvoi, da geht es schneller, sagt der Reiseleiter...
Vorher aber biegt der Busfahrer von der Asphaltstraße ab, über
eine unbefestigte Piste mit tiefen, schlammigen Löchern und viel Staub,
zu einer Tankstelle mit Werkstatt. Irgendwas stimmt mit dem Gaszug nicht
und in
der Kühlung...
Sie reparieren 45 Minuten, dann wird noch die Toilettenflüssigkeit
erneuert. Ich stiefele inzwischen herum, vertrete mir die Beine und bemerke
das leere Grundstück neben der Tankstelle: Eigentlich ein überschwemmtes
Biotop, aber voller Müll. In der Arbeitsgrube geht nichts mehr, sie
dient als Altölbehälter. Hinter der Werkstatt hat ein Busfahrer
einfach seine Chemietoilette abgelassen, auf den Beton: Reste von Klopapier
und Kotze
sind zu sehen. Mir graust langsam und ich frage mich, wohin sie in Ägypten
gehen...
Dann geht es auf die Landstraße, später auf die Autobahn
nach Süden. Die meisten Reisenden dösen. Eine Gruppe von 19 Russen
ist auch dabei, sie haben ihrer eigenen Betreuer.
Ein Reservefahrer ist anwesend und sie wechseln sich ab, auf der Autobahn: Fliegender Wechsel, ohne anzuhalten... Allah sei bei uns!
Wenige Kilometer vor Hurghada tut es der Bus nicht mehr, der Reiseleiter hat einen Ersatzbus bestellt, der uns aufnimmt und die restliche Strecke heimbringt. Wenn das droben bei Suez passiert wäre...
Von der Rezeption in unsere Unterkunft staken wir vom langen Sitzen etwas ungelenk, schlafen sofort und bis gegen neun Uhr. Nach dem Frühstück (heute ist Heimreisetag!) legen wir uns aber noch ein paar Stunden an den Strand, unter die Sonnenschirme, der Kerl von der Strandbar bringt Mineralwasser und Cola mit Rum, schenkt uns sogar wieder eine kleine Pergapackung mit Fruchtsaft, wie schon an den Tagen zuvor. Er bekommt sein ehrlich verdientes Bakschisch.
Es hat 29 Grad heute,
das Wasser wie immer 25, aber Schwimmen will ich heute nicht, Gerlinde auch
nicht: Nur faul sein!
Dann aber gilt es, das Zimmer zu räumen. Wir packen
restlich zusammen, ein Bediensteter holt gegen Mittag unsere Koffer, er bekommt
sein Bakschisch.
Der Zimmerservice (natürlich auch ein Mann) taucht
auch, fragt, ob wir mit seinen Diensten zufrieden waren - Bakschisch... An
der Rezeption
zahlen wir unsere Getränke, der Kerl hinter dem Tresen fragt nach Trinkgeld
für die Rezeption, Gerlinde gibt ihm 5 Euro " Danke
fein, wir sind fünf, das ist für jeden (nur) ein Euro"...
Der
Kerl, der unsere Koffer in den Bus lädt, hält die Hand auf, ebenso
der sie am Flughafen auslädt. Hier wollen sie für alles...
Aber
das sagte ich schon.
Die arabischen Durchsagen im Airport in weiblicher Stimme sind völlig unverständlich, ich halte es für Kratzen im Hals.
Wir werden genau kontrolliert, müssen viermal den Reisepass herzeigen und natürlich eine Ausreisekarte ausfüllen. Dann sind wir endlich im Flieger. Hier herrscht Freundlichkeit ohne Bakschischforderung, der Imbiss und die Getränke- auch mit Nachschlag sind inklusive, ebenso das "zur Toilette gehen".
Heimflug
Schön ist es im Orient ja schon - aber....
P.U. 30.01.05